„Opposition? Das gibt es bei uns nicht, wir entscheiden gemeinsam!“ sagt ein junger Vertreter der indischen Kinderparlamente.
Gerade in Zeiten wie diesen wird uns bewusst, wie verletzlich wir sind und wie sehr wir darauf angewiesen sind, dass das Gemeinwesen gut funktioniert. An verschiedenen Ecken entstehen neue Formen der Zusammenarbeit, weit über die eigenen physischen und regionalen Schranken hinaus. Wir erkennen und lernen, was digital schon alles möglich ist und denken darüber nach, was wir aus den gemachten Erfahrungen mit in die Zukunft nehmen wollen.
„Tut euch zusammen, seid selbst die Veränderung, die ihr euch wünscht“, schlugen schon die Hopi-Ältesten 2001 in ihrer Botschaft an die Welt vor. Sich zusammentun beendet die Hilflosigkeit und die Selbstsucht, sind sich auch die Gründer der indischen Kinder- und Nachbarschaftsparlamente sicher. „Tut euch zusammen und organisiert euch, beteiligt euch.“ Das erleben wir auch jetzt in Nachbarschaften, Familien, Gemeinden, Gruppen, aber auch in Organisationen und Unternehmen aller Art und an manchen Orten tritt das Gemeinsame in den Vordergrund, während das Ellenbogendenken Platz macht.
Ganz allgemein: Wenn sich Menschen organisiert zusammentun, dann gibt es vieles zu besprechen und zu entscheiden. Dass Mehrheitsentscheidungen wie „Wer ist dafür und wer ist dagegen?“ zwar manchmal viel Zeit sparen und praktisch sein können, aber auch Gewinnerinnen und Verlierer hervorbringen, liegt auf der Hand. Und dass sich zwischen dafür und dagegen noch eine ganze Welt befindet, auch. Einen Konsens zu finden und so lange miteinander zu sprechen, bis alle ganz übereinstimmen, führt zwar zu großer Zufriedenheit, wenn es denn gelingt, kann aber sehr lange dauern.
Es gibt noch eine andere Möglichkeit: Das Konsentprinzip stammt aus der soziokratischen Kreisorganisationsmethode. Konsent heißt „es funktioniert“, „es gibt keine schwerwiegende und begründete Einwände gegen den Vorschlag“. Die Idee dazu kam seinem Erfinder Gerard Endenburg bei einer Klausur: Es müssen nicht alle dafür sein, dass es läuft, es darf nur niemand eine Gefahr sehen. Denn solange es Einwände oder Gefahren gibt, ist die Lösung noch nicht gefunden.
Konsent erlaubt nur gemeinsame Entscheidungen. Alle werden gehört. Niemand, der von den Auswirkungen einer Entscheidung betroffen ist, wird bei Grundsatzentscheidungen übergangen. JedeR Einzelne hat die gleicht Möglichkeit eine Situation zu verändern!
Klingt gut, aber wie soll das funktionieren?
Wesentlich für das Gelingen von solchen Entscheidungsfindungsprozessen – gemeint kann auch die Wahl einer geeigneten Person für ein bestimmtes Aufgabenpaket oder eine gemeinsam festgelegte Rolle sein – ist die Gesprächsleitung. Der Moderator bzw. die Moderatorin sorgt dafür, dass alle gleichwertig an der Entwicklung von Lösungen, Vorschlägen und an der Beschlussfassung teilhaben.
Die Konsentmoderation im Besonderen bietet der Gesprächsleitung eine sehr klare Struktur, wie einerseits Meetings effektiv und gleichzeitig sehr freudvoll gestaltet werden können. Andererseits auch eine wirkungsvolle Vorgehensweise – Schritt für Schritt – wie man gemeinsam zu kreativen Lösungen für (auch sehr komplexe) Themen gelangen kann. Eine Entscheidung wird nur dann getroffen, wenn alle sie auch mitverantworten können. Deshalb sind begründete Einwände auch so wertvoll, denn sie helfen uns allen, den Vorschlag und damit die Lösung zu verbessern.
Beim am.puls Praxis-Workshop im Herbst beschäftigen wir uns damit, wie du alle von Anfang an in ein Meeting einbinden kannst: von der Agendaerstellung bis zur Abschlussrunde. Wir trainieren die einzelnen Schritte der Moderation (Bildformung, Meinungsrunden, Konsent) anhand praktischer Beispiele. Auch den Umgang mit Einwänden werden wir behandeln. Nach dem Workshop kennst du den Ablauf und bist bereit, ihn in deinem eigenen privaten oder beruflichen Umfeld auszuprobieren.