Die Geschichte beginnt vor ziemlich genau einem Jahr, im November 2020. Es wurde gerade der zweite harte Lockdown ausgerufen. Bereits im Frühjahr zuvor kam es durch die angeordneten Maßnahmen zu massiven Umwälzungen in unserer Mediennutzung. Homeoffice und Online-Angebote waren von da an im Fokus. Videokonferenzen wurden zum Standard, die Schule machte digitalen Fernunterricht. Mit dieser Historie
starteten wir in den ungewissen Herbst des ersten Pandemie-Jahres. Die Zeit hatte eine starke Dynamik. Es wurde möglichst rasch auf Online umgestellt. Neue Apps, Anwendungen und Plattformen erschienen auf dem Plan. Social Distancing war ein Boost für Soziale Medien. Die Digitalisierung wurde aus der Notwendigkeit heraus massiv vorangetrieben. Wo findet man jedoch die dazu begleitenden pädagogischen Angebote, speziell für Jugendliche?
Braucht es Vernetzung und wenn ja, wofür? Diese Frage haben sich Judith Thurnher und Saskia Thaler vom aha — Jugendinformationszentrum Vorarlberg gestellt. In ihrem Angebot finden sich unter anderem interaktive Workshops für Jugendliche zur eigenen Rolle in digitalen Medien und sozialen Netzwerken. Sie wurden darauf aufmerksam, dass im Programm von freigeist arbogast durch mich, Peter Marcel Ionian, ebenfalls Medienkompetenz Workshops angeboten wurden. Wir verabredeten uns zu einer Videokonferenz, lernten uns kennen und es kam zum Austausch über Inhalte und Haltungen. Dabei wurde klar, dass wir einen sehr großen Bedarf im Bereich Medienkompetenz wahrnahmen und dass selbst wir keinen umfassenden Überblick der ganzen medienpädagogischen Angebote im Land hatten. Es stellte sich die Frage, ob eine Vernetzung der Akteurinnen sinnvoll wäre und wenn ja, wofür? Drei Wochen nach dem ersten Gespräch fand bereits der erste Medienpädagogische Stammtisch statt. Als Online Treffen, da es zu dieser Zeit nicht anders möglich war. Der Einladung dazu waren sieben Einrichtungen gefolgt, neben aha — Jugendinformationszentrum Vorarlberg, freigeist auch aha Liechtenstein, die SUPRO – Gesundheitsförderung und Prävention, die koje — Koordinationsbüro für Offene Jugendarbeit und Entwicklung, die Mobbingkoordinationsstelle Vorarlberg, die Kriminalprävention des Landeskriminalamts, der Verein Amazone und eine HTL Lehrerin. Im Protokoll des ersten Treffens ist zu lesen: Es ist beruhigend zu wissen, dass mehrere Einrichtungen und Personen an diesem Thema dran sind und man nicht allein ist. Ein Miteinander ist sinnvoll, grundsätzlich wird ein klarer Bedarf eines solchen Stammtisches gesehen.
Utopien und Fragen
Beim Stammtisch werden auch Utopien gedacht und keine Fragen gescheut. Wie wichtig wäre ein koordiniertes Medienschulungsangebot im Land, sowas wie ein Medienpass, in Kooperation der unterschiedlichen Einrichtungen? Müsste das nicht zentral organisiert und auch entsprechend subventioniert werden? Oder wie notwendig ist für dieses Thema eine Kommunikationskampagne, ein digitaler Auftritt oder vielleicht gar eine eigene Marke, um wahrgenommen zu werden? Wie kann dieses zentrale Thema noch stärker in Lehrpläne eingebaut werden, um junge Menschen für die Anforderungen der Zeit vorzubereiten? Wie können wir Prävention dabei mitdenken? Wäre es nicht das allerbeste, wenn es eine mit Kompetenzen und Mitteln ausgestattete zentrale Anlaufstelle für digitale Medien gäbe, in der alle Fäden zusammenkommen? Darüber und wahrscheinlich noch über viel mehr sprechen wir wohl beim nächsten Medienpädagogischen Stammtisch weiter.
Netzwerk und Broschüre
Nun sind wir ein Jahr nach der Gründung des Medienpädagogischen Stammtisches den ersten beiden Zielen ein großes Stück näher gekommen. Die Akteur*innen im Land haben einander kennengelernt und sich gegenseitig einen Überblick über die aktuellen Angebote in der Region verschafft. Es hat sich ein Netzwerk entwickelt. Und das Feld wird sichtbar gemacht. Wir haben die Informationen aller Angebote und Anlaufstellen in einheitlicher Form zusammengetragen. Diese Informationen wurden der Bildungsdirektion zur Verfügung gestellt und werden nun als die Broschüre „DIGITAL & VERNETZT“ veröffentlicht. Gemeinsam mit den digitalen Endgeräten — Laptops, Tablets — die nun an die Schülerinnen ausgegeben werden, kommen so zumindest grundlegende Information über Medienpädagogische Angebote und Anlaufstellen in die Familien. Dazu gab es keinen Auftrag von außen. Das Bewusstsein um die Herausforderungen, vor denen die oftmals jungen Menschen stehen, war der engagierten Gruppe von Akteur*innen aus dem Feld Auftrag genug. Es ist ein Erfolg, wenn das Engagement für den Medienpädagogischen Stammtisch nun bereits wirksam wird und Unterstützung leistet. Unser erster Beitrag. Das sind Schritte in die richtige Richtung, aber das kann nur der Anfang sein, von viel mehr, das da noch folgen muss. Dieses Thema sollte nicht sich selbst überlassen werden. Hier ist aktiver Gestaltungswille gefragt, um Sozial- und Bildungsstrukturen upzudaten.