„Berühmtsein“ – bei heutigen Jugendlichen dreht sich alles um das „Populärsein“ bzw. die Anerkennung von außen. Mit dem Begriff „fame“ verbinden die Jugendlichen heutzutage die Beliebtheit im Netz, die sich dann wiederum auf die Anerkennung ihrer Peergroup im Alltag, der Jugendlichen, auswirken. Die neuen Medien bieten viele verschiedene Plattformen, die vermehrt als Instrumente zur Messung der Beliebtheit verwendet werden. „Klicks“ auf Bewertungsfeldern, wie bspw. das „gefällt mir“ auf Facebook ist ein solches Instrument. Diese Klicks werden gesammelt und sind entscheidend für die Selbstdarstellung und das Selbstbild der Jugendlichen.
Die Jugend lebt in einer sehr schnelllebigen Ära. Doch was bedeutet diese Schnelllebigkeit für unsere Jugend? Für das einzelne Individuum? Kann man das Leben noch genießen in einer Welt, in der ein virtueller „Like“ mehr als eine reale Umarmung zählt? In der heutigen Zeit, in der es immer weniger funktionierende Elternhäuser, kaum mehr wahre Freundschaften und eine starke Jugendarbeitslosigkeit gibt? Jugendliche flüchten sich immer mehr in sogenannte „Scheinwelten“. Das sind Scheinwelten wie das Fernsehen, Facebook, Instagram, Snapchat usw. Fakt ist, diese Medien existieren und sind aus unserem Alltag auch nicht mehr wegzudenken. Umso sinnvoller ist es, die Jugendlichen über eine sinnvolle Nutzung dieser aufzuklären. Ebenso soll ihnen der Unterschied zwischen Realität und Illusion ein Stück näher gebracht werden. Es ist wichtig, sie in ihrer Persönlichkeit zu stärken.
Wie in der Jugendarbeit üblich, unterhalten wir uns täglich mit unseren Jugendlichen über verschiedenste Themen und so waren damals Aussagen wie
„Drogenkonsum schadet nicht, denn immerhin hat der Artikel bei Facebook auch über 1.500 Likes“, „Das Lied kann nicht gut sein, immerhin hat es nur tausend Aufrufe bei YouTube. Meine Lieder haben Millionen von Aufrufe, d. h. mehr Menschen hören das Lied und deshalb muss es gut sein“, „Sie bekommt bei jedem Bild über fünfzig Likes, ich bekomm nicht mal zwanzig. Sie ist voll beliebt in der Schule“, „Kiffen ist doch voll normal. Schau mal Instagram an, da sind Leute cool und alle mögen sie“
der Grund für die Konzipierung unseres Projektes „BE FAME – WIE VIEL KLICKS BIN ICH WERT?“. Die Idee war es, sich mit den sozialen Netzwerken (Facebook, Instagram, Twitter, Vines, WhatsApp, Snapchat usw.) auseinanderzusetzen und dabei Themen wie „falsche Darstellung des Selbstbildes, Gewalt, Köperkult, Drogen, Cyber-Mobbing usw. anzusprechen. Wichtig war uns dabei, das Thema aus verschiedenen Positionen und Blickwinkeln zu betrachten.
Viele Jugendliche nutzen die sozialen Netzwerke insbesondere um Beziehungsarbeit zu leisten, Freunde kennenzulernen und eine gewisse Form der Anerkennung und Aufmerksamkeit zu erzielen. Diese Netzwerke bieten den Jugendlichen genügend Raum, sich selbst zu „präsentieren“, was nicht unbedingt heißt, dass sie in „Wirklichkeit“ so sind. Gewalt- und Drogenverherrlichung, Mobbing, Fitness- und Magerwahn sind auf diesen Plattformen mittlerweile täglich Brot. Es gibt kaum mehr einen Unterschied zwischen den Geschlechtern in Bezug auf Konsum, Gewalt und falschen Selbstwahrnehmungen. Hier wäre jedoch ein gefestigtes Selbstbewusstsein gefragt, welches aber zuerst im realen Leben gegeben sein muss, um einen sinnvollen Umgang in den Medien praktizieren zu können bzw. in den sozialen Netzwerken klar zukommen.
So wurden Anhand von Projekttreffen und darin beinhaltende Diskussionsgruppen die unterschiedlichsten Themen bearbeitet und eine gemeinsame Strategie entwickelt. Die Offenheit der Projektgruppe führte zu einer ständig veränderten Dynamik, durch den regen Wechsel von Altersklassen und Geschlechtern. Beispielsweise ermöglichte dies, eine gravierende Differenz der Jugendlichen und deren unterschiedlichen Generationen im Konsum von sozialen Netzwerken zu erkennen. Hier kristallisierten sich dann zwei Gruppen heraus:
Gruppe 1: Jugendliche, die in diese „Medienwelt hineinwuchsen“ – sehen die Entwicklung kritisch
Gruppe 2: Jugendliche, die in dieser „Medienwelt direkt aufwachsen“ – kennen kein Leben „ohne“; sehen eher nur die Vorteile
In Form von Workshops mit ReferentInnen wurde den Jugendlichen Neues eröffnet und vermittelt:
Selbstfindungsprozess bzw. Selbstwahrnehmung, Abgrenzung reale und virtuelle Welt, Identitätsfindung, Sicherheit soziale Netzwerke, Gewalt, Aggressionsbewältigung, Drogen- und Alkoholaufklärung, Anerkennung, Wichtigkeit im Leben, Selbsttest „ohne Handy“, Redaktionsgruppe um eigenes zu reflektieren, Raplieder, die jeweils ein Thema aufgreifen, Stärkung des Selbstwertes, Auseinandersetzung Körper‚ ´Wer kann ich sein‘ Visagistin, Haarstyling und Photoshop, Identitätskisten erstellen, Medienspezialist usw.. (Genauere Workshop-Ausführungen auf Anfrage.)
So haben auch sich sechs sehr talentierte Rapper aus der OJAH bzw. dem Rheintal dieser Thematik gewidmet. Wichtig war uns dabei auch, dass wir sechs Jungs zu diesen Themen sensibilisieren und ihr Talent dann unterstützen und fördern.
Vielfältige Themen aufzugreifen war hier ein besonders wesentlicher Aspekt für uns. Der Appell sollte von Jugendlichen an Jugendliche gehen, denn gerade die Rapper haben ihre Fans im „Ländle“ und eine gewisse Vorbildfunktion. In Form von verschiedenen Treffen mit der Gruppe erarbeitete dann jeder einzelne ein Thema zum Projekt „be fame“, welche dann zu einem Lied zusammengetragen wurden.
Mit der Hook (dem Refrain) „Lass dich nicht blenden, hör auf dich selbst und versuch zu erkennen zwischen Likes und Fame bist du trotzdem die/derselbe – Mädchen/Junge zieh eine Grenze!“ appellieren die Jungs an die Jugend.
Link zum Musikvideo: https://www.youtube.com/watch?v=wo916L2g2tM
Generell sind wir froh, dass wir dieses Projekt 2014 in Angriff genommen haben, auch wenn es für uns ein ganz neues Thema war. Wir sehen aber Veränderungen, teilweise sogar sehr große bei den Jugendlichen bzw. den Teilnehmenden, denen in Form von Workshops und Diskussionsrunden usw. so einiges vermittelt werden konnte. Schön ist es auch in Anbetracht der Tatsache, dass wir ihr Selbstbewusstsein stärken und ihnen das verzerrte Bild von sich selbst abnehmen bzw. verändern konnten.
Uns ist auch bewusst, dass dieses Thema die nächsten Jahre nicht verschwinden wird und stetiger Bearbeitung bedarf – Alltag der Jugendarbeit, Mobilen Jugendarbeit, Medienkompetenz-Workshops für Schulen und Gruppen sowie Elternabende.
Kontakt:
Offene Jugendarbeit Hohenems
Samantha Bildstein
Kaiser Franz Josefstr. 61, 6845 Hohenems
samantha@ojah.at \ 0664-88387262
www.ojah.at